Berührbar

Du, Herr, ließest Dich berühren,
anrühren von dem Leid der Welt.
Anfassbar warst du – nicht nur
am Saume deines Gewandes
fasstest selber auch an
berührtest mit Deinen Händen
mit Deinem Speichel
mit Deinem Wort
Anfassbar warst Du
begreifbar dadurch
– und angreifbar für die Menge

Du, Herr, ließest Dich berühren
anrühren von dem Schmerz der Welt
Sie griffen nach dir
sie griffen dich an
ergriffen dich
und haben doch nichts begriffen
Grob war die Hand des Soldaten
gröber die Geißel, mit der er dich schlug
gröber noch waren die Nägel –
anfassbar warst du, verletzlich

Und wir, die wir Dir heute folgen
als deine Zeugen, deine Kirche, dein Leib?
Sind wir anfassbar noch für die Vielen
die Heil und Heilung ersehnen?
Fassen wir selber noch an
jene die niemand sonst anfasst?
Sind wir anfassbar noch
begreifbar dadurch
und angreifbar für die Menge
jener, die niemals verstehen –
heute so wenig wie damals?

Lassen wir uns noch berühren
anrühren von den Leiden der Welt
oder schreckt uns die Grobheit der Worte
die Grobheit der Not und der Angst?
Öffnen wir Türen und Herz
jenen die Zugang ersehnen?
Teilen wir Leiden und Brot
teilen wir Hoffnung und Wasser und Wein
mit jenen, die hungern und dürsten?
Geben wir hin unsre Kirche, den Leib
um die Vielen mit Gott zu versöhnen?
Oder halten wir fest an der äußeren Form
unsres Seins – ganz anders als Du einst?
Vertrau’n wir gleich Dir dem Tode uns an
gewiss, dass die Liebe nicht sterben kann
gewiss, dass die Wahrheit ewig ist
und jenseits des Tods Auferstehung ist?
Sind wir als Kirche und jeder für sich
bereit bis zum Letzten zu gehen?

Grob sind die Hände in die Du dich gibst
beim Heiligen Mahl tagtäglich
Gröber sind unsere Worte
Gröber noch ist unser Unverstand,
mit dem wir dich sehend nicht sehen

Du, Herr, lässt Dich berühren
anrühren von unsrem Leid
Anfassbar bist du für uns
im Brot, in dem Du dich schenkst
Fasst uns selber auch an
berührst uns in unserm Innern
mit Deiner Liebe
mit Deinem Wort

Anfassbar bist Du
begreifbar dadurch?
Oh könnt‘ ich Dich besser begreifen!